Toro – Der kleine Bruder von Ribera del Duero gibt Gas!


Toro gilt flächenmässig als eine sehr kleine Appellation, gerade 4’400 Hektare umfasst die Appellation die gerne auch als das „günstige Priorat“ betitelt wird, das Weingebiet befindet sich auf Ca. 400-600 Metern höhe und besitzt ein angenehm kühles Mikroklima. Toro, das Städtchen, ist der Hauptort dieses Gebietes.

Toro als zweites Standbein und Labor

Toro wird von einigen als Labor genutzt, Vega Sicilia hat Rebland hier, für viele gehört ein zweiter Betrieb im Toro zum guten Ton, die Appellation hat sich in letzter Zeit einen sehr guten Ruf erarbeitet. Weshalb? Die Böden sind toll: fast rote Erde, voll mit Mineralstoffen und Eisen, zum Teil über 100 Jahre alte Rebstöcke, super Mikroklima. Es wird kräftig investiert und gebaut: zahlreiche Kellereien erhalten dank EU-Hilfe neue Keller-Anlagen. Es gibt zahlreiche Winzer die neue Techniken und neue Anbauarten austesten.

Mit „Numanthia“ hat Marco Eguren (siehe letzter Bericht über das Rioja Gebiet) einen 100 Punkter hingebracht, später haben die Eguren Gebrüder das Weingut an LVMH (Louis-Vuitton-Moet-Hennessy) verkauft, mit dem Geld haben sie weiter in Reben investiert und produzieren nun mit dem Teso la Monja Projekt den wohl besten Wein aus dem Toro Gebiet, und gleichzeitig auch den teuersten. Eine Flasche Teso La Monja kostet gut und gerne über EUR 1’000. Es geht natürlich auch günstiger, das Supercuvee Alabaster ist ebenfalls sensationell und sind deutlich günstiger.   Produziert wird ausschliesslich biodynamisch, es wird von Hand entrappt, alle Beeren werden von Hand vom Stiel des Traubenbundes entfernt und sortiert. Vergärt wird im edlen Holz-Ei-Tank.

Besuch bei Liberalia

Mein Besuch bei unserem Lieferanten Liberalia war eine tolle Überraschung, erstens ist es immer sehr schön die Gesichter hinter dem Wein kennenzulernen, zweitens weil der Familienbetrieb einfach toll anders ist. Der jetzige Besitzer ist nämlich ein Künstler. Und Wein und Kunst, das geht ja Hand in Hand, klar doch. Die Bilder von Juan Antonio Fernandez malt er gleich im Barrique-Keller, non stoppt prasselt klassische Musik von Händel und Bach auf die Barrique Fässer nieder, Juan: „Weisst Du, da Weine keine tote Materie ist sondern lebt, so wird er auch die Musik hören die ich ihm vorspiele“.

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Angebaut wird ausschliesslich nach biologischen Richtlinien, gespritzt wird kaum. Die Weine widerspiegeln die Böden und den Tempranillo: kräftige, vollmundige und vor allem schmackhafte und leckere Weine werden auf Liberalia produziert. Besonders begeistert bin ich vom Wein „Cuatro“ (Weinkellerei Stämpfli, CHF 20): es gibt selten so viel guten Wein für einen so attraktiven Preis. Hier kommt Dichte, viel Volumen, Kraft und Finesse zugleich. Die Weine sind auf sehr hohem Niveau vinifiziert. Juan hat schon recht, ein Winemaker ist immer auch ein Künstler. Juan ist diesbezüglich ein grossartiger Künstler.

Degustationssaal bei Liberalia

Degustationssaal bei Liberalia

Liberalia

Fazit:  Das Toro Gebiet stand lange im Schatten des grossen Nachbarn Ribera del Duero, was Terroir und Klima angeht steht es diesem jedoch in nichts nach. Toro produziert weniger Volumen, dafür gehaltvolle und kräftige Weine mit viel Finesse zu hervorragenden Preisen. Es wird viel investiert: neue Anlagen, bessere Reben, die Region ist dynamisch und innovativ. Ich finde diese Region sehr spannend! 

Ribera del Duero – Weingebiet der Kontraste?


Angekommen im Ribera del Duero:

mein erster Besuch war bei einem unserer Lieferanten, Bodegas y Viñedos Valderiz, die Super-Cuvees „Juegabolos“ und „Tomas Esteban“ sind deren Flaggschiffe, gefolgt von Valdehermoso (ein Parzellenwein der Parzelle Valdehermoso) sowie einem einfachen „Joven“, ein Bistrot-Wein mit viel Charme. Die Bodega ist noch immer in Familienbesitz, alle Investitionen müssen aus eigenem Cashflow erwirtschaftet werden, stolz sind die Besitzer vor allem auf die neuen Anschaffungen wie mechanische derafflage oder einem Neubau für Degustationen mit Sicht auf die Reben.

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Wie viel Mensch braucht die Natur?

Das exakte Gegenteil fand ich auf der Abadia Retuerta, einer Kellerei der NOVARTIS Basel: die Firma hat sogar in Heizungen und Belüftungen für die Reben investiert (der berühmt berüchtigte Nachbar Vega Sicilia hat dies ebenfalls, also darf die Abadia Retuerta dem in nichts nachstehen) im Winter wenn’s zu kalt ist werden die Reben geheizt, im Sommer durch grosse Belüfter abgekühlt. Des Weiteren verfügt jede einzelne Kolonne über ein automatisches Bewässerungssystem, das sich ein perfekt ausgerüstetes Labor neben den Stahltanks befindet, darüber muss ich ja nicht weiter schreiben.

Vega Sicilia

Vega Sicilia

Ich finde es etwas  übertrieben dieser Eingriff in die Geschehnisse der Natur. Hierüber kann viel philosophiert werden: inwiefern sollte der Mensch eingreifen? Soll bei einem schlechten Jahrgang nicht einfach die Ernte weggelassen werden wie dies bei anderen top Weingütern der Fall ist ? (YQUEM…) Die Weine? Etwas viel Kompott, etwas viel Wucht aber gut vinifiziert, keine Frage. Die Weine treffen den Geschmack von sicher sehr vielen Leuten, das macht ihn aber austauschbarer: bei einer Blinddegustation könnte man Abadia Retuerta gegenüber anderen top Cuvees nur mit viel Schwierigkeit identifizieren.

Heiz- und Kühlsystem für die Reben

Heiz- und Kühlsystem für die Reben

Die bekanntesten Bodegas

Spannend war der Besuch bei AALTO. Die Kellerei wurde 1997 komplett neu errichtet, der ex Winemaker von Vega Sicilia und ein Spanischer Investor haben zusammengespannt um diese Super-Bodega aufzubauen. Nach wenigen Jahren erhielt der top Wein AALTO PS dann auch 99 Parker-Punkte womit er schnell in die Liga der Top Weine aufstieg. Vinifiziert wird natürlich durch das Schwerkraftsprinzip, das Traubengut kommt aus diversen Gemeinden und Regionen vom Ribera del Duero. Die Weine schmecken sehr gut! Viel Kraft aber trotzdem Finesse. Das Lagerpotenzial liegt bei 5-10 Jahren wobei der Wein (vor allem der AALTO PS) nicht zu früh getrunken werden sollte. Wir durften je eine 3 Jahres Vertikale AALTO und AALTO PS degustieren. Vom Kauf des 2013ners wird abgeraten.

AALTO

AALTO

Der nächste Besuch war ebenfalls sehr spannend: PESQUERA. Die Marke ist im DACH-Raum dank Mövenpick sehr bekannt. Die Pesquera Gruppe (Betriebe in La Mancha und Toro gehören ebenfalls dazu) stösst im Jahr Ca. 2-3 Mio. Flaschen aus, ja, sie stossen die Flaschen aus, anders kann ich das nicht beschreiben. Obwohl der Betrieb von aussen wie eine klassische Bodega erscheint ist im Innern eine regelrechte Fabrik aufgestellt. Pesquera wird zu 100% in amerikanischem Fass (billiger und mehr Toastgeschmack) ausgebaut, es gibt weder eine parzellarische Selektion noch eine grüne Traubenlesen, im Prinzip wird vinifiziert wie es in ganz vielen ganz grossen Kellereien der Fall ist, verkauft wird der Wein dann für Ca. CHF 25. Die degustierten Weine (Crianza, Reserva sowie Blanco) waren zwar nicht schlecht, sind aber weit weg von den guten Riberas, ein hoher Säureanteil garantiert jedoch ein gutes Lagerpotenzial im Keller. Immerhin.

Der, ja, DER neue Winzer im Ribera del Duero

…Isabel, die Frau von Jorge, hat mir die Koordinaten geschickt: „Bring your countryshoes Nicolas!“ stand im Mail. Gesagt, getan, um Punkt 16h00 stand ich regelrecht auf der Matte respektive auf dem Feld. Das winzige Haus und zwei bellende Hunde machten mich etwas stutzig, das kann’s doch nicht sein, oder? Es folgte ein Anruf: „Follow the black car“, gut, kein Problem. Nach einer kurzen fahrt kamen wir in Aguilera an, einem klassischen Winzerdorf des Ribera del Duero, Pingus sind nicht weit, Valderiz und alle top Bodegas (ausser Vega Sicilia). Vinifiziert wird in den Katakomben eines alten Friedhofes, Dominio del Aguila heisst das Weingut, Jorge produziert ca. 10’000 Flaschen pro Jahr, das Hauptgeschäft ist der Verkauf des eigenen Rebgutes an andere Weingüter (z.B. AALTO). Jorge’s Familie besitzt Ca. 50 Hektare Reben an guten bis sehr guten Lagen. Gerade war der jetzige Winemaker von AALTO zu besuch: er kauft Jorge Trauben für die diesjährige Vinifikation ab.

Dominio del Aguila

Dominio del Aguila

„Ribera del Duero forgot their own identity, look at all the bodegas, soulless factories, cash machines.“

Jorge hat nicht unrecht, direkt hinter seinem „Garage“ steht eine Mega-Kellerei die Weine genau so produziert wie es die Kundschaft mag: Konfitüre, trockene Pflaumen, rote Beeren.

Jorge weiss was er erzählt; Stationen an der Uni Bordeaux (abgeschlossenes Önologie-Studium) Domaine de la Romanée-Conti, (er war während 5 Jahren für den weissen Montrachet verantwortlich) Vega Sicila (als Assistent vom Winemaker) und jetzt die eigene Kellerei. 35 Jahre jung, verheiratet, 2 Kinder. Gutierrez vom WineAdvocate gaben hohe bis sehr hohe Punkte für die ersten 2 produzierten Jahrgänge, wir degustieren direkt vom Fass:

Wahnsinn! Komplexität, Schmacke, Frucht und perfekte Säure, top integriertes Holz, einfach eine Wohltat nach so vielen Fruchtbomben. „Is this the new style Jorge?“ Frage ich. Er sagt: „No, THIS is Ribera del Duero!“ sehr wahrscheinlich hat er recht. Wir gehen in die Reben mit seinem Freund, ein Spezialist für seltene Reben aus Logroño, Rioja: Jorge hat einige Parzellen gekauft und wird diese jetzt richtiggehend bearbeiten. Seine Parzellen sind dank der Beratung seines Freundes hervorragend, beste Böden, bestens exponiert, gutes Rebgut. Was macht Jorge anders dass sein Wein so dermassen lecker schmeckt? Er gibt Auskunft: „I know some Tonneliers from Burgundy, so I buy the same Barriques as DRC, as well the Bordeaux ones, very good quality barrels, I only produce tiny volumes, I taste all the times, I spend a lot of time in the vineyards for getting really only the best grapes possible, the rest I sell.“ Weiter setzt Jorge auf Bio-Anbau, er setzt nur 20-30 Prozent neues Barrique ein und die Vinifikation ist allgemein sehr traditionell. Jorge macht Weine zum trinken; schon beim einschenken duftet’s stark! Die Präzision und die gute Integration des Holzes sprechen sehr für den Wein, das Terroir wird respektiert wie dies im Burgund beispielsweise stark der Fall ist.

Mit Jorge und seinem befreundeten Önologen

Mit Jorge und seinem befreundeten Önologen

Fazit:

Im Ribera del Duero gibt es einige grosse Weine; Pingus, Vega Sicilia, gehören sicher zu den besten. Viele der Winzer schauen auch sehr zu den „grossen“ hinauf: sie gelten noch immer als das Beste was Ribera del Duero zu bieten hat. Sehr beeindruckt war ich von Jorge, dem jungen Winzer der seinen eigenen Wein keltert und einen neuen „alten“ Stil vinifiziert, sicher ein gutes Zeichen für die Weine des Ribera del Dueros. Man sollte klar zwischen den „Fabriken“ und den Hand Crafted Wines unterscheiden, den von diesen gibt es durchaus.

Bodegas Valderiz sind bei Stämpfli Laupen erhältlich. Die Weine von Dominio del Aguila leider (noch) nicht.